Rückabwicklung eines Kaufvertrages im Wege des „großen Schadensersatzes“ nach wegen desselben Mangels zuvor bereits erklärter Minderung ist ausgeschlossen
Urteil vom 9. Mai 2018 – VIII ZR 26/17
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es einem Käufer verwehrt ist, im Anschluss an eine von ihm gegenüber dem Verkäufer bereits wirksam erklärte Minderung des Kaufpreises unter Berufung auf denselben Mangel anstelle oder neben der Minderung sogenannten „großen Schadensersatz“ und damit die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu verlangen.
Nach § 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache statt vom Vertrag zurückzutreten den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Damit soll dem möglichen Käuferinteresse Rechnung getragen werden, die mangelhafte Sache zu behalten und den Kaufpreis angemessenen zu mindern, so dass das Äquivalenzinteresse zwischen Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt ist.
Da es sich jedoch bei einer solchen Minderung um ein Gestaltungsrecht handelt, mit welchem der Käufer durch einseitiges Rechtsgeschäft eine Änderung des Vertragsverhältnis unmittelbar herbeizuführen vermag, ist dieser ab Eintritt der besagten Gestaltungswirkung an die von ihm erklärte Minderung auch gebunden. Weder kann der Käufer diese von ihm erklärte Minderung einseitig zurücknehmen, noch widerrufen. Damit ist es dem Käufer dann auch verwehrt, statt der bereits erklärten Minderung wegen des selben Mangels alternativ hierzu nun den sog. großen Schadensersatz und damit die Rückabwicklung des Kaufvertrages für sich zu beanspruchen.
Zwar gestattet das Gesetz einem Käufer grundsätzlich, bei Mängeln der Kaufsache neben der Minderung des Kaufpreises zusätzlich den Ersatz ihm entstandener Schäden geltend zu machen, wenn der Käufer zusätzlich zu dem mangelbedingten Minderwert der Sache weitere Schäden erlitten hat, wie etwa entgangenen Gewinn. Dies soll dem Käufer jedoch nicht die Möglichkeit eröffnen, nach einer bindend gewordenen Minderungserklärung wegen des selben Mangels dies zu widerrufen und statt dessen nun die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu beanspruchen.
Mit der wirksamen Ausübung der Minderung hat ein Käufer von dem ihm eingeräumten Wahlrecht Gebrauch genommen und sich statt vom Kaufvertrag zu lösen für das Festhalten an diesen entschieden. Ein solches Wahlrecht ist verbraucht, wenn davon Gebrauch genommen worden ist und der Erklärende ist hieran dann auch gebunden.
Der vorliegenden Entscheidung lagen diverse Mängel eines Pkw-Kaufvertrages zugrunde. Im Hinblick auf die noch immer aktuelle Problematik zum Schadstoffausstoß der softwaremanipulierten Modelle scheidet ein Rücktritt vom Kaufvertrag danach aus, wenn der Käufer vorab für sich wegen solcher Mängel die Minderung des Kaufpreises für sich bereits beansprucht hat.
Roy Fischer, Rechtsanwalt